Vor dem weißen Kleinbus stehen etwa fünfzehn Personen Schlange, ruhig und diszipliniert. Weitere, meist Frauen und Kinder, sitzen auf einer Bank und warten, bis sie an der Reihe sind. Die mobile Gesundheitsstation ist da.
Wir sind in Beyers, einem Dorf inmitten einer Eukalyptusfarm des Papierkonzerns Mondi, der hier die schnellwachsenden Bäume anbaut und dann zu Papier verarbeitet. An die 500 Menschen leben in Beyers, die meisten Männer arbeiten auf der Farm. Viele haben aber keine Arbeit. Einmal im Monat kommt das Auto hierher. Es ist eines von drei Fahrzeugen dieser Art, deren Anschaffung maßgeblich von der Organisation „Thol‘ ulwazi Thol‘ impilo“ betrieben wurde. Aus dem Zulu übersetzt, heißt das etwa: Wissen schafft Leben, Liebe schafft Leben. Die Initiative „Kirchen und Wirtschaft gemeinsam gegen AIV/AIDS“ (CHABAHIVA), initiiert und getragen von den evangelischen Landeskirchen in NRW, hauptsächlich von der westfälischen, hat hier Starthilfe geleistet. „Thol‘ ulwazi Thol‘ impilo“ ist Partner vor Ort. Mit Hilfe von CHABAHIVA konnten sie nicht nur die mobilen Gesundheitseinheiten einrichten, die in der ganzen Region an vier Tagen in der Woche im Einsatz sind und solange bleiben, bis alle versorgt sind. Es gehört auch ein Netzwerk von „Peer Educators“ dazu, speziell ausgebildeten Frauen und Männern, die auf Honorarbasis in den Farmen und Dörfern aktiv sind. Sie beraten, informieren über Gesundheitsvorsorge und Medikamenteneinnahme und helfen bei Problemen. Sie klären auch darüber auf, wie wichtig es ist, seinen HIV-Status zu kennen. Aids ist noch immer ein riesiges Problem in diesem Land. Und ein Teil des Problems liegt noch immer darin, dass Aidskranke sozial geächtet werden. Das hält viele davon ab, sich testen zu lassen. Doch nur bei rechtzeitiger Behandlung lässt sich verhindern, dass die Krankheit zum Ausbruch kommt. Ausgebildet wurden die Peer Educators wiederum durch Fachleute von CHABAHIVA.
Bei der Krankenschwester im Auto sitzt jetzt eine junge Frau mit ihrem etwa einjährigen Kind. Das kleine Mädchen wird untersucht und gewogen, die Schwester gibt der Mutter Anweisungen und Medikamente.
Auch HIV-Tests sind hier möglich. Das Ergebnis erfährt man sofort. Ist der Patient HIV-positiv, muss er ins Krankenhaus zu einer Laboruntersuchung, damit das Stadium der Infektion festgestellt werden kann. Entsprechend werden die antiretroviralen Medikamente dosiert, die einmal täglich einzunehmen sind.
Das Gesundheitsministerium der Provinz Mpumalanga ist dankbar für die Initiative von Thol‘ ulwazi Thol‘ impilo, sagt Guguletha Maliaga von der regionalen Gesundheitsbehörde. Das war nicht immer so. Die kirchliche Basisinitiative wurde vom Staat ignoriert. Erst nachdem sich Verantwortliche von CHABAHIVA und der NRW-Partnerschaft eingeschaltet hatten, änderte sich das. Das Ministerium trägt nun die Personalkosten für die Schwestern und gibt der NGO einen Zuschuss, der alle drei Jahre neu beantragt werden muss. Daraus erhalten die Peer Educators ihr Honorar. Manchmal allerdings kommen die Zahlungen unregelmäßig. Dann gibt es kein Honorar – viele arbeiten trotzdem weiter, manche können sich das aber auch nicht leisten. Die Anschaffung der Fahrzeuge war durch verschiedene Unterstützer möglich, darunter das Land NRW, das mit der Provinz Mpumalanga eine Partnerschaft pflegt, und die italienische Waldenser-Kirche. Auch der Papierkonzern Mondi steuerte etwas bei. Die laufenden Kosten für die Autos bringt Thol‘ ulwazi Thol‘ impilo aus Spenden auf.
„Für so viele Menschen in unserem Land gibt es keine Hoffnung“, sagt der deutschstämmge Farmer Johann Engelbrecht. Er und seine Kollegen verkörpern Hoffnung für einige von vielen. Als überzeugte Christen leben sie in der Hoffnung auf Gottes Handeln. Deshalb haben sie selber gehandelt und Thol‘ ulwazi Thol‘ impilo gegründet.