27. Februar
Von Meike Friedrich
Wie bereits befürchtet, konnten wir die eigentlich vorgesehene Route nicht nehmen. Wir sind deshalb mit dem Bus nach Ruanda gefahren, nahmen dort ein Flugzeug nach Kigali und fuhren von dort mit einem Bus nach Kibuye, nicht weit von der Grenze zum Kongo, zur theologischen Konferenz.
Die gute Nachricht zuerst: Wir sind gut und entspannt in Kigali gelandet. Allerdings gestaltete sich die Abfahrt zum Flughafen als schwierig. Um 7.30 Uhr gab es wie verabredet Frühstück und um 8.15 Uhr sollte die Abfahrt mit dem Bus zum Flughafen sein. Bereits zu diesem Zeitpunkt informierte Michael Bertrams alle Mitreisenden, dass auf dem Flugticket als Boardingtime 8.30 Uhr genannt sei. Half aber nun nicht, und unser Busfahrer hatte sich als Abfahrtzeit sowieso erst 8.30 Uhr gemerkt. Wir wurden außerdem noch von Bischof Nathan Gasatura,begleitet. Er legte größten Wert darauf, mich mit seinem Auto zu fahren. Dieses Auto erwies sich als ein Fahrzeug, das nahezu auf Felgen lief und immer wieder auch auf Bodenwellen aufsetzte.
Viel Zeit verloren wir an der ruandischen Grenze. John Wesley (VEM) machte sich spontan unbeliebt bei den Kongolesen, weil er sich auf einen Stuhl setzte. Das wurde sofort als die typische Arroganz der Ruander gewertet und verurteilt. Auf der ruandischen Seite wurden wir vom anglikanischen Bischof erwartet. Er hatte dringend um Kontaktaufnahme gebeten und aufgrund von Zeitmangel beschlossen, uns zum Flughafen zu begleiten und dort zu empfangen. Allerdings verloren wir Zeit, weil nun die Ruander unsere Koffer durchsuchen wollten. Bishop Nathan war zuvor schon unglücklich gewesen, weil ich meinen Koffer selbständig Richtung Auto bewegt hatte. Nun machte er mir unmissverständlich klar, dass ich „une honorable person“ sei und unter gar keinen Umständen meinen Koffer anfassen sollte. Für diese Aufgabe hatte er einen seiner Reverends abgestellt; er selber kümmerte sich hingebungsvoll um meinen Rucksack.
Während Michael Bertrams tapfer versuchte, das knapper werdende Zeitfenster zu ignorieren, machte ich ihn auf eine Gruppe von Schülern aufmerksam, die uns auch noch begrüßen sollten. Leider waren wir nun so knapp dran, dass wir nur im Vorbeifahren winken konnten. So bretterten wir über die ausgezeichneten Straßen Ruandas zum Airport, wo wir vom Flughafendirektor empfangen wurden. Nach der Gepäckkontrolle wurden wir in die VIP-Lounge geleitet, wo wir nun den offiziellen Empfang durch den anglikanischen Bischof genossen, der mit dreien seiner Pfarrer aufgelaufen war. Tatsächlich hatte er sogar Tee und Kaffee für uns vorgesehen (wie wir im Vorfeld erhofft hatten). Diesen musste er nun alleine trinken. Draußen stand während der gesamten Zeit der Flieger abflugbereit. Martin Domke drängte, dass JETZT Boarding Time sei – es musste aber dringend erst noch ein gemeinsames Foto erstellt werden.
Wir bestiegen den absolut leeren Flieger. Erst nach uns kamen einige weitere Mitreisende an Bord. In Kigali angekommen enterten wir unseren Bus.
Unsere 2,5stündige Fahrt ging durch das wunderschöne Ruanda, dessen Vorzüge man nach dem Aufenthalt im Kongo umsomehr zu schätzen weiß. Die absolut einwandfrei geteerte Straße schlängelte sich durch Wälder und Anbaugebiete. Immer wieder hatten wir Blick auf die großen Seen, Menschen, die offensichtlich in Lohn und Brot waren, säumten die Straße. Unser Ziel ist ein Tagungszentrum der Presbyterianischen Kirche (sozusagen deren „Haus Villigst“). Noch während der Fahrt kam die erste Unstimmigkeit auf. Eigentlich sollten wir dort auch untergebracht sein. Jetzt hieß es, wir würden im nahegelegenen Golf-Hotel nächtigen. An dem kamen wir auch vorbei – eine wunderschöne Anlage, die sicherlich sehr in Ordnung sein wird.
Nun ging es aber erst mal zum Tagungszentrum zum Essen. Dieses Zentrum ist echt der Hammer. Direkt am See gelegen, wunderschön gebaut in lauter kleineren Gebäude aufgeteilt, Ziegeldächer und schön gemauerte Wände, eine fantastische Außenanlage, durch die sich beschauliche Wege schlängeln. Das Essen wurde auf einer Terrasse mit Seeblick eingenommen. Sehr schön. Aber schade, dass wir hier nicht nächtigen.
Dieses Gefühl verstärkte sich massiv, als wir dann in unserem Hotel eincheckten. Ich kann jetzt nur für mein Zimmer sprechen, aber es ist mit Abstand das unterirdischste der gesamten Fahrt. Die Wände sind von Schimmel überzogen, der Putz fällt herunter. Sämtlichen elektrischen Schaltkästen liegen frei; Leitungen lugen fröhlich und frei aus den Wänden. Die Möbel stammen wahrscheinlich noch aus der Zeit vor dem Krieg (1.WK). Ein Fernseher steht auf einem schwankenden Tisch – allerdings nur die Hülle desselben. Er ist ausgeweidet. Ein Telefon gibt es auch. Vorsichtshalber wurden die Nummern für Rezeption, Bar und Restaurant von dem Zettel auf dem Hörer abgerissen. Ist auch gut so, weil das Anschlusskabel in einer Anschlussdose endet, die auf dem Boden herumliegt. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich hier zum ersten Mal eine Mücke im Zimmer erwischt habe.
Das Badezimmer ist das heruntergekommenste der gesamten Fahrt. Es verfügt über eine Duschtasse, aber keinen Halter für den Duschkopf an der Wand. Es gibt keinen Vorhang oder so. Ist aber letztlich auch egal, solange ich jetzt zu meiner ersehnten Dusche komme. – Leider erweist sich die Dusche als ein Klon meiner Dusche von heute morgen: kein Wasserdruck, nur ein Rinnsal, dafür durchgehend kalt.
Jetzt klopft Ulrich Möller um uns mitzuteilen, dass unser Koordinateur vor Ort, Pascal, nicht nur mit Blick auf die schon im Oktober gebuchte Unterkunft Mist gebaut hat. Heute Abend sollte im Rahmen der hier stattfindenden theologischen Tagung der Empfang unserer Kirchenleitungsdelegation stattfinden mit Essen und Festvortrag von Albert Henz. Möller informiert nun, dass wir in unserem Hotel essen werden und der Vortrag dann mit Mühe heute Abend noch stattfinden soll. Die Stimmung ist sehr frostig…
Und die anderen haben ihre Zimmer noch gar nicht gesehen…