Nichts soll verloren gehen von denen, die ihr Leben verloren haben. Treibgut von Booten, die untergegangen sind: Blechnäpfe, Wasserflaschen, Plastikbecher, Pässe. Giacomo Sferlazzo sammelt alles. In einem alten Gewölbe ist sein kleines Museum „Porto M“ untergebracht. Früher haben Fischer in solchen Grotten über dem Hafen gepökelten Fisch gelagert. Heute steht das M für Mittelmeer, Migration, Militarisierung, Musik, Mutter, Meinung, Müll (sizilianisch munizza). Die Reihe lässt sich fortsetzen, in verschiedenen Sprachen. Das Eingangstor von Porto M besteht aus Holzfragmenten von untergegangenen Booten, auch die Fassade wurde mit solchen verschiedenfarbigen Brettern verkleidet. Aus Bruchstücken ist etwas Neues entstanden.
Giacomo Sferlazzo ist Künstler, Musiker, politischer Aktivist. Er und seine Freunde, die sich zu dem Kollektiv Askavusa zusammengetan haben, wollen keine Botschaft vermitteln, sagt er. „Als wir zu sammeln anfingen, hatten wir keine Ahnung, wozu.“ Er sammelt scheinbar wertlose Gegenstände, er sammelt Geschichten, er schreibt Songs und trägt sie in seiner Performance „Lampemusa“ vor. Alljährlich organisiert er das „LampedusaInFestival“ mit Filmen, Musik und Diskussionen. In „Porto M“ will er demnächst eine kleine Bar eröffnen, mit Tee von den Kräutern, die auf der Insel wachsen.
Lampedusa, seine Heimat, ist ein Symbol für das Elend von Flucht und Vertreibung. Für Giacomo Sferlazzo ist die Insel auch ein Symbol der Militarisierung. Er zeigt seinen Besuchern eine Landkarte, auf der die elektromagnetischen Strahlungen, verursacht durch Radar und Mobilfunk, verzeichnet sind. Botschaft? Ja, natürlich hat er eine. Aber sie ist nicht so leicht zu fassen. Wenn er von „imperialistischen Kriegen“ spricht, klingt das zwar nach ideologischer Phrase. Zugleich steht dieser eigenwillige Mann für eine widerspenstige Freiheit. Er leidet mit den Leidenden. 2016 sind 5.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken, Die namenlosen Toten ehrt er auf seine Weise.
Kirchenleitungsreise der EKvW 3.-8.3.2017
Posted by Kirche unterwegs – Reiseblogs der EKvW on Mittwoch, 8. März 2017