26. Februar 2014
Martin Domke lebte und arbeitete von 1990 bis 1995 als Pfarrer in der Fortbildung der Partnerkirche in Bukavu. Die Millionenstadt am Kivusee liegt direkt an der Grenze zu Ruanda. Das Krankenhaus Panzi wurde 1987 von Rebellen überfallen und zerstört. Sie ermordeten Patienten und Personal. Sechs Jahre später konnte es mit internationaler Hilfe neu gegründet werden als Krankenhaus, wo hauptsächlich Frauen und Kinder behandelt werden. Viele Frauen haben unsägliches Leid erlitten.
Martin Domke:
Vergewaltigung als Waffe – in vielen Staaten der Erde geschieht dieses Verbrechen. Auch im Osten des Kongo, wo 25 bewaffnete Gruppen Angst und Schrecken verbreiten. Die Frauen werden bei der Feldarbeit oder zu Hause überfallen. Die Täter verletzen sie seelisch und körperlich. Oft tun sie das vor den Augen ihrer Männer und Kinder.
Wir stehen einer Gruppe von 50 Frauen gegenüber, denen solches widerfahren ist. Viele sind mit Handarbeiten beschäftigt, sie häkeln, sticken oder flechten bunte Taschen. Das gehört zur Therapie der Traumabewältigung. Viele haben kleine Kinder auf dem Schoß oder an der Brust. Einzelne Frauen treten vor und berichten uns von ihrem Elend. Noch schlimmer wird die Sache durch eine grausame Tradition in diesem Land: Eine vergewaltigte Frau wird meistens von ihrem Mann und ihrer ganzen Familie verstoßen. Wenn Kinder daraus hervorgehen, sind sie von Geburt an geächtet.
Im Krankenhaus Panzi arbeiten die besten Fachleute für Gynäkologie weit und breit. Auch eine renommierte kinderärztliche Abteilung ist vorhanden. Wenn die Frauen das Hospital verlassen können, erfolgt eine ambulante psychosoziale Betreuung. Doch viele wissen nicht, wohin sie gehen sollen: Ihre Häuser sind zerstört, ihre Familien wollen nichts mehr von ihnen wissen. Die Kirchen können uns als einzige helfen, die Frauen wieder zu integrieren, erzählt Dr. Ellinor Adelroth. Sie koordiniert für eine schwedische Hilfsorganisation die verschiedenen Projekte im Panzi-Krankenhaus. Wenn Heilung und Wiedereingliederung gelingen, kann es passieren, dass die Frauen erneut Opfer solcher Verbrechen werden. So lange bewaffnete Banden in diesem Land ungehindert ihr Unwesen treiben, wird das nicht aufhören. Auch die Sicherheit der Mitarbeiterinnen des Krankenhauses, die vor Ort psychosoziale Betreuung leisten, ist gefährdet.
Meike Friedrich überreicht als Gastgeschenk für die Frauen ein Mobile, dessen Teile die Farben des Regenbogens haben. Bei der Übersetzung des Wortes in Kisuaheli kommt es zu einer unerwarteten Reaktion: Ein Regenbogen löst Angst aus, weil er als Zeichen böser Geister gilt. Pastorin Friedrich erklärt die biblische Bedeutung: Er ist ein Zeichen Gottes, dass er die Erde nicht zerstören wird. Die bunten Farben des Bogens sind ein Symbol für den Frieden. Das wird verstanden, und die Frauen nehmen das Geschenk am Ende fröhlich und dankbar entgegen.