„Die Wahrheit wird euch frei machen“

Von Dr. Ulrich Möller

Das war gewiss das schönste Geburtstagsgeschenk: Seine Töchter präsentierten die „Bishop Zephania Kameeta Social Development Foundation“, die an diesem festlichen Abend offiziell gegründet wurde. Zephania Kameeta wurde 70. Er feierte mit zahlreichen Gästen in einer Lodge, einem Hotel in der Natur, in der Nähe der kleinen Stadt Mariental, seinem Wohnsitz.

Die Stiftung für soziale Entwicklung soll Mittel bereitstellen für das, was dem Pastor, dem Kirchenführer, dem Kämpfer für Menschenrechte, dem Politiker Kameeta immer ein Anliegen war: Gerechtigkeit und Hilfe für die Schwachen und Benachteiligten. Dafür hat er zäh, mutig und geduldig gearbeitet, dafür ist er zur Zeit der Apartheid ins Gefängnis gegangen. Dafür brennt sein Herz. Auch heute noch, als Minister für Armutsbekämpfung und soziale Wohlfahrt.

Die Töchter Uno und Tjeripo Kameeta erläuterten den Stiftungszweck: Opfer häuslicher Gewalt, in der Regel Frauen und Kinder, Aidskranke und andere Notleidende sollen gezielte Hilfe bekommen. Damit gleich etwas zusammenkommt, hatten die praktisch denkenden Frauen auf jeden Platz ein Formular gelegt, mit dem sich die Anwesenden zu einer Geldzuwendung verpflichten konnten. Ich hatte die Freude, für die Evangelische Kirche von Westfalen einen Scheck zu übergeben.

Das Leben des Jubilars zeugt auf ganz besondere Weise von Gottes Wahrheit. Er war ein Prophet der befreienden Kraft des Evangeliums während der Apartheid – unter großen persönlichen Opfern. Er war stellvertretender Parlamentspräsident in der Zeit, als eine neue, unabhängige Demokratische Republik Namibia aufzubauen war. Er war ein fürsorglicher Pastor und leitender Theologe, er war ein kluger Moderator der internationalen Vereinten Evangelischen Mission, er war Präsident des Lutherischen Weltbundes und Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in der Republik Namibia.

Nie haben ihn diese Ämter und Positionen davon abgehalten, seine prophetische Stimme zu erheben, auch nicht im neuen Namibia. Wenn andere zur Korruption schwiegen, hat er nicht geschwiegen – im Namen der Wahrheit, die wir erkennen werden und die uns frei macht, wie Jesus Christus es verheißt. Wenn andere stumm blieben angesichts HIV und AIDS, hat Bischof Kameeta die Mauer des Schweigens zerbrochen. Er hat in seiner Kirche ein AIDS-Hilfsprogramm ins Leben gerufen und dafür gesorgt, dass sie sich an dem internationalen Projekt „Kirche und Wirtschaft gemeinsam gegen HIV & AIDS“ beteiligt. Als der Kampf gegen die entsetzliche Armut in Namibia neue Mittel und Wege erforderte, begründete er die Bewegung für ein bedingungsloses Grundeinkommen, Basic Income Grant, und stellte sich dabei gegen so mächtige Institutionen wie die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds. Er war so mutig, für das Basic Income Grant als Modell gegen die Armut nicht nur in Namibia zu kämpfen, sondern weltweit, vor den Vereinten Nationen ebenso wie vor Regierungen in aller Welt. Und als das Pilotprojekt in Otjivero wegen politischer Machtspiele zu scheitern drohte, hat er nicht aufgegeben.

Eine würdige Geburtstagsfeier. Der Geehrte hat es genossen. Das steht ihm auch zu. Er freute sich, als sein 18-jähriger Enkel Zephania Kameeta bekannte, diesen Namen mit Stolz zu tragen. Und er war gerührt, als der hochgewachsene junge Mann sagte: „Ich kann mir keinen besseren Großvater vorstellen.“