IERP in a nutshell

Am Morgen unseres dritten Tages in Argentinien treffen wir die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche am La Plata (IERP). Kirchenpräsident Carlos Duarte stellt uns „seine“ Kirche als unierte Kirche in mehrerlei Hinsicht vor. In der IERP kommen Menschen unterschiedlicher Kulturen und kirchlicher Traditionen zusammen. Sie ist zugleich eine ökumenische Kirche, was sich etwas in der pragmatischen Zusammenarbeit mit anderen Kirchen zeigt.

Viele Gemeinden sind diakonisch aktiv. Und zwar nicht, um neue Gemeindeglieder zu gewinnen oder die Gemeinden zu finanzieren. Sondern weil sie der festen Überzeugung sind, dass die Menschen, mit denen sie arbeiten, sie zu Christus bekehren.

Seit acht Jahren gibt es ein eigenes Pastorat für die Inklusion von Behinderten und ihren Familien. Im Bereich der Stadtmission setzt die Evangelische Kirche am La Plata auf eine Doppelstrategie. Während in den Großstadtgemeinden oftmals sehr traditionell gearbeitet wird, geht man andernorts mit einem pastoral-diakonischen Ansatz in die Armenviertel. Daraus haben sich an mehrern Stellen bereits kleine Glaubensgemeinschaften gebildet.

Die theologische Hochschule ISEDET wird in Kürze geschlossen, wie Duarte gegen Ende seines Berichtes unterstreicht. Stattdessen werde man verstärkt auf E-Learning-Angebote in Kombination mit Praxisphasen in Gemeinden setzen.

Ein paar Zahlen: zur IERP gehören 45 Gemeinden, die sich auf sieben Kirchenkreise verteilen und in den drei Ländern Argentinien, Paraguay und Uruguay liegen. Die Gemeinden tragen 56 diakonische Projekte, beschäftigen 38 Pfarrer, zwölf Pfarrerinnen sowie sechs Vikarinnen und Vikare. 400.000 getaufte Mitglieder zählt die IERP, darunter 75.000 aktive und 27.000 zahlende.

Anschließend stellt Nicolàs Rosenthal die diakonische Stiftung „Hora de Obrar“ vor. Sie will Gemeinden gezielt in ihrem diakonischen Engagement unterstützen. Deshalb habe man vor zwei Jahren die Diakonieabteilung der IERP in eine Stiftung verwandelt, die weniger mit einer Stiftung nach deutschem Recht als vielmehr mit einem Verein vergleichbar sei.

Spendengelder werden direkt an die Gemeinden weitergegeben: für Projekte mit Kindern, Jugendlichen, alleinerziehenden Müttern und indigenen Völkern. Allerdings gebe es in Argentinien noch keine ausgeprägte Spendenkultur, was auch damit zusammenhängen mag, dass der Staat keine steuerlichen Anreize schafft.

Nachmittags sind wir in La Casona. Dort ist Multimedia zuhause. Hier produzieren Jugendliche und junge Erwachsene Filme und eigene Radiobeiträge. In der Radiowerkstatt erwartet uns Damian. Er ist in dem kleinen Ort, in dem La Casona steht, aufgewachsen und dort seit zehn Jahren als Musiklehrer tätig. Zusammen mit einem seiner Gitarrenschüler spielt er uns ein traditionelles argentinisches Stück vor und singt dazu.

Junge Menschen haben hier die Chance, ein Instrument zu lernen, zusammen mit anderen zu musizieren und eigene Stücke zu komponieren. Die werden Dank moderner Technik aufgezeichnet, sei es für einen Film oder für Radiobeiträge, die jedoch bislang ausschließlich intern gehört werden. Sendungen im Online-Radio sind geplant. Dafür lernen die Jugendlichen Radiosprache kennen, besuchen Radiostationen in der Umgebung und lernen, die vorhandene Technik zu bedienen. Das Ziel: Nach und nach soll ein junges Radioteam aufgebaut werden, das von Jugendlichen selbst getragen wird.

1991 wurde das erste Gebäude gekauft, der Bau einer Kapelle wurde mit dem Verkauf von Würstchen finanziert und 2002 kam ein weiteres Gebäude dazu, erklärt Martin Elsesser, der das Projekt leitet. La Casona verfolgt das Ziel, Menschen mit ihren Lebensaufgaben zu begleiten. Vielleicht die Arbeit deshalb eng mit Menschenrechtsfragen verzahnt, wie Elsesser weiter ausführt.

Viele Besucherinnen und Besucher haben in La Casona Freunde gefunden. Ja die Gemeinschaft, die sie dort erleben, sei wie eine Familie, sagen sie. Zum Beispiel bei der Produktion von Filmen. Dabei schlüpfen die Jugendlichen in die unterschiedlichen Rollen der Videoproduktion: vom Drehbuchautor über die Schauspielerei bis zum Bedienen der Kamera reicht die Palette.

Seit vier Jahren gehen die Menschen, die sich in La Casona selbst als Künstler entdecken können, offensiv mit ihren Ergebnissen auf die Straße und in andere Einrichtungen. Nachdem die Multimedia-Schmiede in der Anfangszeit von Vielen im Ort kritisch beäugt wurde, ist sie heute populärer denn je. Kein Wunder, dass die Evangelische Kirche von Westfalen das Projekt in den Jahren 2016 und 2017 mit größeren Geldbeträgen unterstützt.