Ein christliches Lebenszeichen – Dorf der Rückkehrer

Seit 1914/15 war das Kloster verwaist. Damals gab es Massaker und Gräueltaten an syrisch-orthodoxen Christen und anderen Minderheiten. Das 1172 gegründete Kloster Mor Yakup verfiel nach und nach. Noch vor wenigen Jahren war es eine Ruine. Das kann man sich heute kaum vorstellen.

Wir kommen am Vormittag an, ein strahlend blauer Himmel wölbt sich über dem bergigen Land mit kargen, steinigen Feldern. Nach langer Anfahrt erreichen wir das Kloster, das wie eine kleine Burg auf dem Berggipfel liegt. Die Anlage ist blitzsauber, bestens gepflegt. In der Gruppe, die uns empfängt, steht auch ein Mönch in schwarzem Gewand. Es ist Aho Bilecan, 38 Jahre alt. Vor einem Vierteljahr kam er hierher, vergangenen Samstag wurde er zum Priester geweiht. Nun lebt er hier nach klösterlicher Ordnung. Wie kam es dazu?
Es begann vor zehn Jahren in Gütersloh. Dort gründete sich ein Verein syrisch-orthodoxer Christen (Aramäer), die von hier stammen und in Deutschland leben. Sie setzten sich ein ehrgeiziges Ziel. „Wir sehen das als unser Land“, sagt Hikar Aydin, der bereits in Deutschland geboren ist. Gök Lukas ist eine Generation älter. Als er 1976 die Türkei verließ, war er 17. Die Besinnung auf die Wurzeln, das Ziel, in ihrer einst christlichen Heimat wieder ein christliches Lebenszeichen zu setzen – das ist es, was sie antreibt. So kam es zu der kühnen Vision, das alte Kloster Mor Yakup wieder mit Leben zu füllen. Im Informationsfaltblatt – aramäisch, türkisch, englisch und deutsch – liest sich das so: „Die alten Klöster werden erneuert und von Mönchen und Asketen bewohnt, die wie Sterne am Himmel der Syrisch-Orthodoxen Kirche vom Antiochien leuchten. Erneut weht der süße Duft von mönchischer Enthaltsamkeit und Heiligkeit hinauf, und das Lied der Belobigung steigt unaufhörlich auf zu Gott dem Vater, der Quelle unseres Lebens.“

Also sammelte man Spenden, suchte Geldgeber, renovierte und baute. Gab es Schwierigkeiten mit den türkischen Behörden wegen Baugenehmigung oder dergleichen? Nein, sagen die Aramäer aus Gütersloh, es war in dieser abgelegenen Gegend ziemlich egal, was wir hier machen. Keine Denkmalschutzbehörde mischte sich ein, so dass sie das alte Kulturdenkmal recht frei gestalten konnten. Einen Kirchturm zum Beispiel hatte es früher wohl nicht gegeben – nun überragt er die Klosteranlage.

Etwa 320.000 Euro hat das Projekt gekostet. Darin sind auch Zuschüsse der Evangelischen Kirche von Westfalen enthalten. Zur Eröffnung im August 2013 kam Erzbischof Mar Timotheos Samuel Aktas.

Man serviert uns Käse, Oliven, Salat, Melonen und Fladenbrot zum Mittagessen. Zubereitet haben es freundliche Frauen aus Gütersloh. Die Ostwestfalen – einige kommen auch aus Paderborn – sind mehrere Wochen im Jahr hier, einige Rentner auch Monate. Dann wohnen sie in ihrem alten Heimatdorf Badibe, nicht weit vom Kloster. 40 bis 50 Personen quartieren sich dort den Sommer über ein, im Winter stehen die Häuser leer. Würden sie wieder ständig hier wohnen wollen? Nein. Deutschland ist ihr Zuhause. Aber hier, im Tur Abdin, ist ihre Heimat.

Kafro, das Rückkehrerdorf

In die alte Heimat zurückgekehrt sind die Leute von Kafro. Dieses Dorf im Tur Abdin war verlassen, die Bewohner, als syrisch-orthodoxe Christen bedrängt und diskriminiert, sind alle in die Schweiz und nach Deutschland ausgewandert. Dann entschlossen sich einige zur Rückkehr. Die alten, verfallenen Häuser ließ man, wie sie waren, und baute neue, größere, schönere. Heute wohnen etwa 30 Personen ständig in Kafro, einige kommen im Sommer dazu. Die alte Kirche aus dem 5. Jahrhundert ist eine Ruine, doch die kleine Marienkapelle wurde rekonstruiert. Es gibt ein Café, einen Wasserturm und einen Spielplatz für die drei kleinen Kinder. Zum Einkaufen müssen die Leute 15 Kilometer in die nächste Stadt fahren, nach Midyat. Auch die beiden Schulkinder fahren mit dem Bus dorthin. Die heutigen Bewohner von Kafro sind Geschäftsleute, Immobilienhändler, Bauunternehmer.

Ein hoffnungsvolles Projekt. Doch es hat auch etwas Unwirkliches, wenn man so durch die Straßen mit ihren sauber angelegten Bürgersteigen geht. Die Dörfer in der Umgebung sind arm.